Places and Stories

2. Norwich"off the beaten track"
East Anglia und besonders Norwich, die Hauptstadt der Grafschaft Norfolk, galt lange Jahre als abgelegen ("off the beaten track"), da die meisten Menschen nur der Nord-Süd Achse in England folgten. Norwich war darüberhinaus viele Jahre die einige Großstadt Englands, die nicht über eine vierspurige Straße mit London verbunden war. Der Straßenausbau reichte nur bis Cambridge, dahinter war die A 11 nur zweispurig.
"Norwich is famously cut off on three sides by water and on the fourth by British Rail" (Norwich ist auf drei Seiten von Wasser umschlossen und auf der vierten durch die britische Eisenbahn abgeschnitten). "Sie (die Leute) akzeptieren Fremde nicht sehr schnell, sie erscheinen einem zuerst eher als kalt - im Gegensatz zu Yorkshire, wo jeder innerhalb von fünf Minuten dein Freund ist - was aber vernünftig ist, dass sie erst einmal ein wenig argwöhnisch sind, da sie davon ausgehen, dass der Rest England Ausland ist". Als Malcolm Bradbury vor vielen Jahren in Norwich ankam und sein Auto betankte, fragte ihn der Tankwart, ob er jetzt nach England führe.

Der SchriftstellerKazuo Ishiguro, bekannt durch seinen Roman "Was vom Tage übrigbleibt," schreibt in seinem Roman Never let me go (p. 60) über Norfolk: "You see, because it's stuck out here on the east, on this hump jutting into the sea, it's not on the way to anywhere. People going north and south they bypass it altogether. For that reason, it's a peaceful corner of England, rather nice. But it's also something of a lost corner..."

 

1. Getting there: Herald of Free Enterprise
Townsend Thoresen (auch mit Namenszusatz European Ferries) war eine britische Reederei, die 1968 gegründet wurde und mehrere Fährschiffe sowie RoRo-(Roll on/ Roll off) Frachter vom europäischen Festland nach Großbritannien betrieb. Sie wurde 1987 nach dem Untergang der "Herald of Free Enterprise" mit 193 Toten aufgelöst und durch die neu gegründete Reederei P&O European Ferries (später P&O Ferries) ersetzt.



Am 6. März 1987 kenterte die Herald of Free Enterprise vor dem Hafen von Zeebrugge. 193 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben, 539 Passagiere waren an Bord einschließlich 80 Mannschaftsmitglieder. Das Schiff wurde als Totalschaden abgeschrieben und 1988 verschrottet. Für Townsend Thoresen stellte der Untergang eines ihrer größten und modernsten Schiffe einen hohen Imageverlust dar. Noch im selben Jahr wurde die Reederei aufgelöst und durch die neu gegründete P&O European Ferries ersetzt. Sämtliche Schiffe von Townsend Thoresen wurden durch die neue Gesellschaft übernommen. 23 Minuten nach dem Auslaufen kippte die Fähre in der 3 Grad kalten Nordsee um, weil die Tore nicht geschlossen waren. Mark Stanley, der Mann, der für das Schließen der Tore zuständig war, schlief zu der Zeit in seiner Kabine. In dem abschließenden Bericht zum Schiffsunglück von Lord Justice Sheen stand jedoch zu lesen, dass P & O "a disease of sloppiness", eine Schlamperei hatte, die die ganze Firmenhierarchie durchdrang. Wenig später wurde das Disaster mit typisch englischem Humor als "We welcome you with open doors" in Analogie von "We welcome you with open hearts" kommentiert.

Beim Staffellauf von Koblenz nach Norwich 1988 waren die Läufer für eine Nacht im Natohauptquartier SHAPE in Mons/Belgien untergebracht. Da in dem Saal gewöhnlich die Offiziersfrauen ihre Gymnastik betrieben, wurden sie vom Hausmeister in etwas holprigem Deutsch hingewiesen, dass hier "Stoppelläufer" (statt "Staffelläufer") übernachteten.


Auf der Fähre, die übrigens im Falklandkrieg (1982) als Frachtschiff eingesetzt war, hatten wir auch Gelegenheit, mit dem Kapitän auf der Brücke zu sprechen. Auf die Frage, was er denn mache, wenn ein kleines (Segel-) Boot seine Route kreuze, antwortete er, "I have to take the soft option" (ich muss die 'weiche' Wahl treffen), d.h. er muss (leider) das Boot rammen und damit den Verlust von Menschenleben in Kauf nehmen.

Als wir ach der Ankunft in Felixstowe wurden einer eingehenden Zollkontrolle unterzogen wurden, kommentierte ich das mit einer Anspielung auf die EU-Zusammengehörigkeit und der Zollbeamte erwiederte mit "Yes, we are all one happy family".
Bei der Planung des Staffellaufs mussten wir diesen auch bei der Bezirksregierungs anmelden. Diese schrieb kurz zurück und gab wegen der "Nichtigkeit" - nicht Wichtigkeit - der Angelegenheit die Erlaubnis der Benutzung der Straßen von Koblenz bis Zeebrügge. In England gestaltete sich das ungleich schwieriger. Insgesamt drohte die Polizei, den Lauf zu verbieten und jeder Brief begann mit "If you go ahead….we'll interfere" und endete mit "Sergeant Swattman wishes to be informed!" Fairerweise muss man ergänzen, dass auf der gesamten Strecke keine Polizei zu sehen war.


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